Die Kulturwurst hilft, die Kultur in der Community zu reflektieren und indirekt über die Vorderbühne zu beeinflussen. Die Wurst besteht aus vier Teilen: die aktuelle Kultur, die Wunschkultur, die Vorderbühne (Strukturen) und die Hinterbühne (Kultur). Durch Vorgespräche und einen Workshop wird ergründet, wo die Community aktuell steht und wohin sie sich entwickeln möchte. Der Weg dorthin führt über Experimente auf der Vorderbühne – in vier Bissen entlang der Wurst.
Vorbereitung und Ablauf
- Spannungen formulieren: Wo drückt der Community aktuell der Schuh?
- Vorgespräche mit unterschiedlichen Mitgliedern aus der Community führen.
- In einem Kulturwurst-Workshop die eigene Kultur reflektieren und nach Möglichkeiten suchen, die Wunschkultur mit Veränderungen auf der Vorderbühne zu fördern.
- Am Ende des Workshops werden konkrete Experimente definiert.

1. Spannungen formulieren
Bevor die Kulturwurst zum Zuge kommt, versucht die Community zunächst zu erfassen, wo der Schuh drückt. Welche unerwünschten kulturellen Entwicklungen haben sich eingeschlichen? Diese kann die Community in Form von Spannungen formulieren, die sich zwischen Realität und Wunschvorstellung ergeben. Ein Beispiel für eine Spannung wäre: «Wir pflegen einen wertschätzenden Umgang miteinander, haben aber Mühe, Konflikte anzusprechen.» Oder: «Wir wollen gemeinsam bestimmen, dennoch sind es immer die gleichen Personen, die die Richtung vorgeben.»

2. Vorgespräche führen
Um der aktuellen Kultur auf die Schliche zu kommen – und das ist gar nicht so leicht, wenn du selber Teil davon bist –, sprichst du mit verschiedenen Community-Mitgliedern. Besonders wertvoll sind Neumitglieder, da diese noch eine frische Sicht auf die Kultur haben. Mit folgenden Fragen kannst du einsteigen:
- Wie war es am Anfang, in die Community reinzukommen?
- Wie hast du das erlebt? Was ist typisch für diese Community? Woran erkennt man das?
- Was muss ich tun, um mich hier beliebt zu machen?
- Über was wird hier nicht gesprochen? Gibt es Tabuthemen?
- Wie kommen Entscheidungen zustande? Erinnerst du dich an ein konkretes Beispiel?
- Was würdest du an der Community ändern, wenn du einen Wunsch hättest?
Im Gespräch tauchen vielleicht spannende Themen auf, die du nicht auf dem Radar hattest. Stelle Folgefragen wie: Kannst du mir dazu mehr erzählen? Was verstehst du darunter? Wie muss ich mir das vorstellen? Zudem kannst du die Personen auch nach ihrer Meinung zu den formulierten Spannungen befragen. Halte die wichtigsten Aussagen stichwortartig fest.

3. Workshop durchführen
Lade die Community zum Kulturwurst-Workshop ein. Zeichne die Wurst auf ein grosses Papier. Klebe Aussagen aus den Gesprächen im oberen linken Teil hin – bei Aktuelle Kultur und Hinterbühne. Führe die Community durch die Erkenntnisse. Lass eine Diskussion entstehen und ergänze während des Austauschs.
Wechselt zur Wunschkultur auf der rechten Seite. Sammelt gemeinsam Zielvorstellungen, in welche Richtung die Kultur sich entwickeln soll. Formuliert es als Wunsch. Ein solcher Wunsch könnte lauten: «Wir wünschen uns, dass das Engagement innerhalb der Community gleichmässiger verteilt wird.»
Nun überlegt ihr als Community, welche eurer Strukturen die heutige Kultur begünstigen. Unter Struktur verstehen wir alles, was umgestaltet werden kann – Regeln, Rollen, Abläufe, Kommunikation, Organisationsmodell, Einrichtung und anderes mehr. Sammelt eure Gedanken auf Post-its und hängt sie im unteren Teil bei Aktuelle Kultur und Vorderbühne auf. Formuliert sie als Annahmen, denn es sind letztlich bloss Vermutungen. Eine solche Annahme könnte lauten: «Wir glauben, dass die Kerngruppe ungewollt als inoffizielle Chefs wahrgenommen werden, wodurch die Mitglieder gehemmt sind, eigenständig zu entscheiden und sich zu engagieren.» Rechts daneben unter Wunschkultur und Vorderbühne formuliert ihr nun, mit welchen Strukturen ihr die Wunschkultur fördern könnt. Schreibt eure Ideen wieder auf Post-its und wählt anschliessend, welche Ansätze ihr als Experiment ausprobieren wollt. Ein solches Experiment wäre beispielsweise: «Die Kommunikationskanäle werden neu von Mitgliedern moderiert, die nicht Teil der Kerngruppe sind. Zudem treffen wir uns monatlich zu einem offenen Format ohne Agenda, wo wir gemeinsam spontane Aktivitäten durchführen.»

4. Ausblick: Experimente begleiten
Da sich die Community-Kultur nicht von heute auf morgen verändert, haltet in den folgenden Wochen und Monaten ein Augenmerk auf das Verhalten der Community. Welche Wirkung zeichnet sich ab? Was funktioniert und fördert die gewünschte Kultur, was hat einen unerwünschten Effekt? In weiteren Treffen könnt ihr dies thematisieren und Anpassungen vornehmen. Die Kulturwurst dient euch dabei als Landkarte, die ihr immer wieder hervornehmen könnt.